Mein erstes Messer

Jeder hat mal bei „null“ angefangen. Als ich die Idee hatte, ein Messer selbst herzustellen, waren die Voraussetzungen erstmal äußerst schlecht: Keine Werkstatt, eine überschaubare Auswahl an Werkzeug und handwerkliche Erfahrung lag schon einige Jahre zurück. Trotzdem hat mich die Idee nicht mehr losgelassen und nachdem ich angefangen hatte zu recherchieren, war es wie ein Virus, das man nicht mehr los wird (im positiven Sinn natürlich).

Also habe ich mir ein Stück Stahl besorgt (1.1248), ein paar Hartholzreste von eBay und die Werkzeuge, die mir gefehlt haben (Schraubstock, Metallsäge, Metallbohrer und ein paar Feilen) und habe mich an die Arbeit gemacht. Die Fensterbank in der Abstellkammer musste als Werkbank dienen und wie ich die Klinge später härten würde, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht.

Der Herstellungsprozess an sich ist erstaunlich einfach. Man nimmt den Stahl, sägt ganz grob die gewünschte Form des Messers aus und säubert die Ränder mit der Feile. Dann bringt man den Anschliff an die Klinge (ebenfalls mit der Feile) und beseitigt mit Schleifpapier die gröbsten Macken. Am besten bohrt man spätestens jetzt auch die Löcher für die Nietstifte, mit denen die Griffschalen befestigt werden, denn später, in gehärteten Stahl, bohrt es sich nicht mehr so leicht. Zu diesem Zeitpunkt ist es aber noch problemlos mit einem Akkuschrauber und einem Billigmetallbohrer aus dem Baumarkt machbar – wie in meiem Fall.

Jetzt folgt das Härten und hier wird es zum ersten mal spannend. Man muss den Stahl (je nach Sorte) auf ca. 800 bis 850 °C erhitzen (bei Kohlenstoffstählen), d.h. rotglühend. Theoretisch reicht dafür ein Holzkohlegrill, wie ihn fast jeder zu Hause hat. Um auf der sicheren Seite zu sein, d.h. über 800 °C, sollte man für zusätzliche Luftzufuhr sorgen, z.B. mit einem Fön. Da der Grill bei mir nicht in Frage kam (Mietwohnung), entschied ich mich, die Klinge mit einem handelsüblichen Lötbrenner aus dem Baumarkt zu erhitzen. Natürlich ist es schwierig, eine Temperatur von über 800 °C mal eben zu Hause zu messen, aber mit ein paar Tricks lässt sie sich zumindest abschätzen: Ein kräftiges rotes Glühen deutet auf eine Temperatur von über 800 °C hin, daher härtet man am besten im Dunkeln. Wer ein zusätzliches Indiz für die Temperatur möchte, kann den „Magnettest“ machen. Denn Kohlenstoffstähle verlieren kurz vor erreichen der benötigten Härtetemeratur ihre magnetischen Eigenschaften. Hält man die glühende Klinge also kurz an einen Schweißmagent o.ä. und sie wird nicht mehr spürbar angezogen, hat man höchstwahrscheinlich die für die Gefügeänderung benötigte Tempereatur erreicht.

Jetzt kommt das Abschrecken, hierbei kühlt man die Klinge schnell (bestenfalls innerhalb einer Sekunde) so stark ab, dass man anschließend ein extrem Hartes Gefüge erhält. Hierfür taucht man i.d.R. die Klinge in Öl. Ich habe für mein ersten Messer ganz normales Rapsöl aus dem Supermarkt benutzt und benutze es bis heute. Da die Klinge jetzt nicht nur hart sondern auch extrem spröde ist, muss sie nach dem Härten noch „angelassen“ werden. Je nach gewünschter Endhärte erhitzt man die Klinge für ca. 1-2 Stunden auf 180-220 °C. Das ist problemlos im heimischen Backofen möglich.

Nachdem ich es so weit geschafft hatte, sollte der Rest eigentlich ein Kinderspiel werden – dachte ich jedenfalls: Klinge ein wenig von verbranntem Öl und Zunder befreien (wieder mit Schleifpapier), die Griffschalen ebenfalls anbohren und mit den vorbereiteten Pins fixieren, dann mit der Klinge verkleben (am besten mit 2-Komponenten-Epoxidharzkleber), alles auf die gewünschte Form runterschleifen und fertig! In Wirklichkeit musste ich leider mein erstes Griffschalenpaar verwerfen, da es einfach nicht ans Messer passen wollte. Natürlich ist es sinnvoll, die Bohrungen in die Griffschalen durch die Bohrungen im Erl des Messers zu platzieren, damit sie exakt an der gleichen Position sind. Allerdings habe ich mit dem Akkuschrauber beim ersten Versuch nicht so genau auf die Rechwinklinkeit geachtet, so dass beim Zusammensetzen eine deutliche Klaffung entstand (s. Foto). Aber aus Fehlern lernt man und beim zweiten Versuch hat es dann einigermaßen gepasst. Also: unbedingt schön senkrecht bohren! Oder den Nachbar fragen, ob man mal kurz seine Ständerbohrmaschine benutzen darf.

Danach lief die Montage und das Ausformen des Griffs übrigens wie geplant und nach dem Schleifen bis 600er Körnung und Ölen mit Leinöl (mein Lieblingsmoment) war das Messer doch erstaunlich sehenswert und ich ein extrem stolzer, neuer Messermacher.

Fazit:

  • Man braucht keine teuren Spezialwerkzeuge um ein Messer selber zu machen
  • Kohlenstoffstähle lassen sich mit einfachen Mitteln zu Hause härten
  • Das erste Messer wird nicht das schönste Messer, kann sich aber durchaus sehen lassen, wenn man sich ein bisschen Mühe gibt
  • Es ist empfehlenswert am Anfang eine einfache, eher kleine und handliche Form zu wählen
  • Man sollte ein bisschen Geduld mitbringen
  • Materialkosten: ca. 20 € (vor allem wegen Versand)
  • Werkzeugkosten: wenn man gar nichts zu Hause hat, sollte man mit min. 100 bis 150 € für die Grundausstattung rechnen
  • Zeitaufwand: ca. 20 Stunden (je nach Komplexität des Messers)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert